„Das Leben ist kein Ponyhof.“
„Früher hat das auch niemanden gestört.“
„Da muss man halt durch.“
Sätze wie diese kennen wir alle. Heute heisst das Zauberwort dazu: Resilienz – die Fähigkeit, mit Rückschlägen umzugehen und gestärkt daraus hervorzugehen. Eine wertvolle Kompetenz, keine Frage. In der Psychologie steht Resilienz für emotionale Widerstandskraft und Anpassungsfähigkeit. Sie kann uns enorm helfen, schwierige Lebensphasen zu meistern.
Doch in unserem Alltag, beruflich, privat, gesellschaftlich und nicht zuletzt politisch wird Resilienz oft zu einem stillschweigenden Imperativ. Einfach aushalten. Nicht klagen. Sich fügen.
Mit Verweis auf Erfahrung oder Tradition heisst es dann:
„Haben wir schon immer so gemacht.“
„War bei mir auch nicht anders.“
„Hat doch funktioniert.“
Ein Stück weit stimmt das auch. Nicht jede Krise muss sofort zu einer radikalen Kurskorrektur führen. Manchmal ist Durchhaltevermögen genau das Richtige. Und das Gefühl, das Licht am Ende des Tunnel zu sehen oder gar zu erreichen, kann enorm bestärkend sein.
Allerdings gibt es Grenzen. Resilienz bedeutet nicht, alles zu tolerieren und zu ertragen. Nicht jedes System verdient Anpassung. Nicht jede Schieflage lässt sich gesund überstehen. Und nicht jede Herausforderung sollte individuell gelöst werden, wenn das Problem strukturell ist.
In der letzten Zeit ist mir der Begriff wieder vermehrt begegnet. Meist missbraucht, propagiert und eingefordert von Besitzstandswahrern die ungestört weitermachen wollen oder damit unbequeme Fragen zu fragwürdigen Entscheidungen kontern.
Vielleicht hätten wir – ob im Job, im Alltag oder gesellschaftlich – öfter schon aufbegehren sollen, statt still weiterzumachen. Wenn ich mir anschaue, was gerade aktuell in welche Richtung läuft und gewaltig schief läuft. Und in vielen Bereichen waren wir doch schon mal viel weiter. Was ist passiert?
Die viel zitierte Resilienz droht zur Resignation zu werden, wenn wir verlernen, Bedingungen zu hinterfragen.
Denn: Der Mensch ist anpassungsfähig – aber das allein ist keine Strategie.
Lasst uns Resilienz nicht missbrauchen als Ausrede, um nichts zu ändern.
Sondern sie nutzen als Ressource, dort wo sie Sinn ergibt. Und dort, wo Veränderung nötig ist, auch den Mut haben, Dinge neu zu denken.